Die Pyramide.

Die Entstehung dieser Pyramide hat eine lange Vorgeschichte. Ursprünglich stand sie in meinem Elternhaus. Gekauft wurde sie von meinem Vater so um 1943.
Im Gegensatz zu den üblichen Weihnachtpyramiden, die die Weihnachtsgeschichte der heiligen Familie abbilden, war dies eine „weltliche“ Pyramide. Aus Seiffen im Erzgebirge – vermutlich angeregt von den in der Schneeberger Kunstfachschule tätigen Gestaltern des Bauhauses, die eine Vielzahl neuer Spielsachen entwarfen.
Diese Art der Pyramide wird, soweit mir bekannt ist, heute nicht mehr gefertigt. Eine Pyramide ähnlicher Gestaltung, ca. 4 m hoch, ist aber im Spielzeugmuseum Seiffen zu sehen.

Eine Pyramide ohne Engel und Krippe, aber mit Jäger, Gänseliesel und vor allem –  mit einer Eisenbahn! Für mich war es  die  Weihnachtspyramide meiner Kinderzeit – andere kannte ich nicht.

Doch böse Knaben waren der weihnachtlichen Besinnlichkeit nicht zugänglich und brachen Figuren zum Spielen heraus. Oder beschossen sie gar als bewegliche Ziele mit dem Blasrohr und ähnlichen Schießinstrumenten.

Irgendwann war die Pyramide ziemlich nackt und Vater beförderte sie zornig und kurzentschlossen in den Holzschuppen zur Verwendung als Heizmaterial.
Aber irgendwie geisterten Reste davon noch lange Jahre im Verschlag herum.
Es muss so in den 70er Jahren gewesen sein, dass ich die Überbleibsel nostalgischer Weihnachtserinnerungen an mich nahm.

Die Fragmente kamen 1972 mit einem Umzug nach Leipzig und wanderten 1989 mit unserem Hausrat nach Stuttgart aus. In meinem Kopf waberte immer die heimliche Vorstellung, die schändlichen Zeugnisse kindlicher Taten wieder zu vervollständigen.
Diese Teile waren noch vorhanden
1996 war es soweit, dass ich schriftlich und mit Skizzen niederlegte, wie denn die Pyramide einst ausgesehen hat. Die ganzen Jahrzehnte hindurch war sie mir in lebhafter Erinnerung geblieben. Hier im "Westen" standen mir nun alle Maschinchen zur Holzbearbeitung einschließlich Drechselbank zur Verfügung. Die „Wiedergutmachung“ aus der Erinnerung konnte beginnen.

Die Pyramide bestand einst aus 4 Etagen..

  • In der untersten Etage bewegte sich eine Eisenbahn mit bunten Wagen. Ein Wagen sowie der Rauch der Lokomotive war noch vorhanden und auch zwei Bäume. Da der untere Drehteller auch noch vorhanden war, konnte man an den Klebstellen sehen, dass es einst 4 Bäume und 6 Wagen plus Lokomotive waren.
  • In der nächsten Etage drehten sich springende Rehe und ein Jäger.
  • Eine Etage höher trieb das Gänseliesel einige Gänse vor sich her.
  • Weiterhin war mir noch die Form der Bäume im Gedächtnis geblieben. Sie waren aus einfachen Drechselkörpern gestaltet – also nicht die typischen erzgebirgischen Spanbäume.
  • In der oberen Etage befand sich ein hölzerner glockenähnlich gdrechselter Körper in gelber Farbe – die einzige Reminiszens an eine christliche Weihnacht.
  • Auch einige Flügel des Flügelrades und vor allem der Grundkörper des Flügelrades mit den Löchern waren noch vorhanden, so war das Maß der Flügel und die Anzahl auch klar.
  • Auch waren von den einst vier noch 2 Kerzentüllen mit Haltearm da.
  • Da ich die Messingachse damals auch wiedergefunden hatte - wenn auch nicht im Holzschuppen - stand die einstige Höhe der Pyramide ebenfalls fest.
  • Im Gedächtnis geblioeben war mir auch noch die farbige Gestaltung.
Ich stufte die Etagen nach Augenmaß in der Größe ein und fertigte die Etagenböden nach dem Vorbild des noch vorhandenen unteren Standfußes. Entsprechend ergab sich das Maß der aus Sperrholz zu fertigenden Drehteller.
Die Geländer und die orangefarbenen Säulen waren mir ebenso noch im Gedächtnis. Alle Teile wurden aus Buchenholz gefertigt.
Die Verbindung der Etagen stellte ich mit Holzzapfen her und setzte das Ganze erstmal „trocken“ zusammen.

Nun kam die Bestückung mit Figuren an die Reihe

Die erste Etage

Die Eisenbahn war einfach herzustellen, denn sie bestand aus rechteckigen Holzklötzen. Zur Vervollständigung drechselte ich noch einen "Rotmütz'schen".. Und ein Signal kam auch dazu.

 

Die zweite Etage

Hier waren früher springende Rehe drauf. Die Rehe waren aus Reifendrechselfiguren geschnitzt. Da ich das nicht nachmachen konnte und so ein Rehkörper sich auch nicht unbedingt als Drechselfigur eignet, entschied ich mich für Wildschweine. Diese rundlichen Körper lassen sich gut aus Drechsekörpern formen. Ein Jäger und sein Dackel ebenfalls.

 

Die dritte Etage

So ein Gänsegrundkörper lässt sich wunderbar als Drehkörper herstellen und geteilt, verdreht zusammengesetzt, zu Gänsen mit unterschiedlichem Habitus gestalten. Gänseliesel mit Gerte und Kopftuch waren mir noch gegenwärtig.

 

Die vierte Etage

Hier befand ursprünglich nur ein glockenähnlicher gelber Holzkörper mit farbigen Ringen.

Ich wollte es etwas origineller und hab mir eine kleine Messingglocke besorgt. Da kam mir der Gedanke, wenn schon eine richtige Glocke, könnte doch eine kleine Figur mit einer einfachen Mechanik dazu gebracht werden, bei jeder Umdrehung an die Glocke schlagen.
Ich drechselte einen kleinen Küster der sich auf einem Metalldorn drehen konnte und die Tüftelei gelang. Mithilfe einer Unruhfeder aus einem alten Wecker erreichte ich, dass er bei jeder Umdrehung mit dem Hämmerchen an das Glöckchen schlug

Nach nahezu 60 Jahren ist die Pyramide wieder auferstanden:

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