Das Buch   –  schon mehrfach totgesagt von der Generation der leseunkundigen Multimedia-Freaks – es lebt! Und es entwickelt sich weiter.   Es ist   ebenso wenig wegzudenken wie z.B. bequeme Wanderschuhe – trotz PS-starker Hi-Tech-Fortbewegungsmittel

Natürlich, es klingt durchaus verlockend, sich ein Buch per CD vorlesen zu lassen. Das kann aber nie den Reiz der selbstgelesenen Buchpassage, eines Satzes, den man wiederholen, nochmals verinnerlichen möchte, ersetzen. 
Auch ein eBook vom Pad zu lesen ist wenig reizvoll. Wo bleibt die Haptik des Seitenumblätterns - die Freude, ein schön gebundenes Buch in die Hand zu nehmen. Wo bleibt der ästhetische Genuss – über den schön gestalteten Bucheinband, den sauberen Satzspiegel, die wohlgewählte Schrifttype? Viele Menschen haben am gelungenen Buch Anteil – Schriftsetzer, Layouter, Grafiker, Buchbinder. Das Auge stimmt uns ein auf den Inhalt.

Ich sitze im bequemen Sessel - in den nächsten Stunden sind keine Störungen zu erwarten – zünde mir ein Pfeifchen an – nehme ein Buch zur Hand, auf das ich mich schon lange freue – neu erworben, geschenkt bekommen, oder eines aus der eigenen Bibliothek, welches ich mir nach Jahren nochmals zu Gemüte führen will.
Ich öffnet das Buch – schau mir die Gestaltung des Titels an, lese eventuell den Klappentext, dann das Vorwort – zuerst lese ich allerdings meist das Nachwort – und gleite dann langsam in das Buch hinein - lass sich gefangen nehmen vom Willen des Autors. Ab und zu eine Pause – noch einmal darüber nachdenken – die Passage nochmals lesen.

Tabakwölkchen schweben durchs Zimmer – die Welt ist in Ordnung - Wohlfühlen pur..

Mach das mal mit dem CD-Player: Wo ist denn die Fernbedienung hingerutscht – Stopptaste drücken – zurück – falsch zu weit – nochmals vor – stopp –   quakquak - wieder falsch ....

Stimmung ?...

Zweifelsohne haben die elektronischen Medien exzellente Vorteile beim Vermitteln von Wissen und Informationen. Eine PDF-Datei auf dem TableBoard, mit den Möglichkeiten der Textsuche,  den Links zu Querverweisen - oder eine Html-Datei mit den Hyperlinks ins World-Wide-Web bietet Informations-Möglichkeiten wie sie bisher nicht denkbar waren...

Doch das hat mit dem Medium Buch nichts zu tun, das sind zwei verschiedene Dinge, mit zwei verschiedenen Anliegen – und natürlich auch zwei verschiedenen Zielgruppen.

Darum braucht Buchliebhabern auch nicht bange um die Weiterexistenz des ‚Objekts ihrer Begierde’ zu sein.


Bücher bekommt man geschenkt - die Guten man kauft sie sich selbst. Sollen sie uns erhalten bleiben, gleich der erste Grundsatz : Nie verborgen! 

„… und verborgt es dann meistens an irgend jemanden, womit dieses Büchlein spurlos verschwunden ist. Es ist offenbar irgendwo. Ich habe eine riesige Bibliothek, die irgendwo ist.“ 

schrieb einst Carel Capek

Vielleicht bekommt man es eines Tages doch zurück – aber in welchem Zustand? 

Bücher fristen oft ein trauriges Dasein. Stehen schief in verstaubten Regalen. Werden zu allem Möglichen verwendet. Als Unterlage, Beschwerung, selbst als Schlagwerkzeug gegen Wespen und anderes lästiges Getier…    Irgendwann stirbt das gequälte Exemplar.

Aber auch ohne missbräuchliche Verwendung leiden Bücher, wenn sie nicht regelmäßig gepflegt werden. Staub lässt sich auf ihnen nieder, dringt beim nächsten Lesen in den Buchrücken und zwischen die Seiten ein. Das übersehenes Eselsohr - nicht ausgestrichen - verfestigt sich zum handfesten Bruch, der irgendwann das Ohr abfallen lässt. Ein kleiner unbedeutender Riss – bei jedem Gebrauch läuft er ein Stückchen weiter…

Bücher wollen beachtet, gepflegt, und liebevoll behandelt werden. Beginnende Schäden müssen beizeiten gestoppt werden, sonst droht der Verfall. Siehe Kapitel Buchpflege. Um jedoch Bücher richtig pflegen zu können, muss auch ein Mindestmaß Wissen um ihr Innenleben vorhanden sein.

Aus diesem Grund möchte ich hier etwas Hintergrundwissen über das Buch vermitteln

Das Buch hat viele Leser, viele Freunde. Aber wie viele oder wie wenige haben sich je Gedanken gemacht, was das Buch zum Buch macht - und warum das nicht nur eine Sammlung von Seiten ist. Wer weiß schon, wie ein Buch „funktioniert“? Wie ist es mechanisch beschaffen, dass es sich immer wieder aufschlagen, in Einzelblätter aufteilen lässt und trotzdem „irgendwie“ zusammenhält

Mechanik eines Buches - seit mehr als tausend Jahren nahezu unverändert. Welche Technik kann das schon von sich behaupten. 

Darum nun ein kleiner Exkurs in Sachen Buch – was ist ein Buch – oder im Umgangsdeutsch zeitgemäßer Bildung:
wie ist ein buch  


Ein Buch setzt sich aus einzelnen in der Mitte gefalteten (gefalzten) Blättern zusammen, die immer eine Doppelseite – also vier Buchseiten darstellen. Werden vier Blätter (wie meistens) zu einer Lage zusammengefasst, so bildet eine solche Lage also 8 Blatt = 16 Buch-Seiten.

Die Lagen entstehen Durch die Faltung des Planobogens –  nach DIN hat er die Maße 841 x 1189 mm = DIN 0. Es werden aber auch noch alte historisch Papiermaße verwendet, daraus gibt sich die Vielfalt der Buchformate.
Das einmalige Falten des Planobogens ergibt einen großen Folio-Band (daher „Folianten“). Ein weiteres Falten den Quartband . Das ergibt dann 8 Buchseiten. Nochmaliges Falten eine Lage mit 16 Buchseiten, genannt Oktav … usw.
Die Kunst des Druckers besteht nun darin, dass er den Planobogen so bedruckt, dass nach dem Falten genau die richtigen Buchseiten aufeinander folgen. Außerdem Sollten sie registerhaltend bedruckt sein, also dass sich die Satzspiegel genau decken.

Hier beginnt schon die Qualität oder Nicht-Qualität des späteren Buches.

Der Buchbinder erhält die gefalzten Lagen unaufgeschnitten vom Buchdrucker. Aufgeschnitten werden sie erst beim Beschneiden des fertig gebundenen Buchblocks.
Diese gefalzten Lagen werden bei einer Handbindung mit Nadel und Heftgarn durch den Falz der Lage auf die quer zum Buchrücken verlaufende Bünde geheftet – d.h. sie werden um die Bünde geschlungen, nicht etwa angenäht! So entsteht das Buch.

Diese Arbeit wird der Heftlade ausgeführt - So entsteht dann Lage für Lage das Buch. Je nach Größe des Buches kann die Anzahl der Bünde von drei bis fünf oder mehr variieren.

Diese Art der Bindung nennt man Heften auf echte Bünde mit festem Rücken . Die Bünde treten dann am Buchrücken als Wülste hervor, wie man sie bei alten Büchern findet.
Allerdings: Die in den meisten Bücherregalen vorzufindenden Bücher mit dicken Rückenwülsten werden kaum auf echte Bünde gearbeitet sein – es sind Blender, die aus Schönheitsgründen diese alte Art der Bindung nur vortäuschen.
Die moderne Art der Heftung sieht nämlich einen glatten Rücken vor. Dieser wird erreicht, indem man den Buchrücken einsägt und die Bünde da hinein drückt. Die Bünde werden somit ins Innere verlegt.

Dazu müssen die Bünde wesentlich dünner gehalten werden. Sie verlieren dadurch ihre stabilisierende, versteifende Stützfunktion am Buchrücken, die bei den dicken außen liegenden Bünden verhindert, dass das Buch zu weit aufgeklappt werden kann - was mit der Gefahr verbunden wäre, dass es am Rücken durchbricht.

Diese Stützfunktion übernimmt im neuzeitlichen Buch der sogenannte hohle Rücken . Durch die federnde Wirkung des gewölbten losen Rückens wird dem Aufklappen des Buches ein Widerstand entgegengesetzt.

Hier kommt nun auch die Rundung des Buchrückens zum Tragen. Jedes Buch ab einer gewissen Stärke (so ab 15 mm) hat einen runden Rücken, das ist eine Notwendigkeit infolge der sogenannten Steigung.
Hinten am Falz sind nämlich die einzelnen Lagen durch die darin laufenden Heftfäden dicker als vorn. Würden nun alle Lagen am Falz senkrecht aufeinander stehen, so sähe das Buch etwa so aus.

Um dies zu umgehen, wird der Rücken nach dem Binden und Hinterkleben, mit dem Hammer gerundet und ein Falz gebildet. Dieser Falz hat in etwa die Höhe des Buchdeckels und bildet das Scharnier zwischen Buchblock, Rücken und den Buchdeckeln.

Das Scharnier ist die Stelle, wo der Buchblock über die Bünde mit den Deckeln, und damit mit dem Bucheinband fest verbunden ist und unterliegt somit der höchsten Beanspruchung. Hier zeigen sich bei Beanspruchung die Mängel oder die Qualität einer Buchbindung zuerst.

Auch die Qualität des Vorsatzpapiers spielt eine große Rolle. Das Vorsatz ist ein Doppelblatt aus kräftigem Papier. Das eine Blatt ist vollflächig mit dem Innendeckel verklebt und bildet den Spiegel – die andere Hälfte das „fliegende Blatt“. Bei billigen Büchern ist das Vorsatz nur im Falz mit dem Buchblock verleimt. Das sind die Bücher, wo man nach mehrmaligem Lesen den Buchblock wieder separat in der Hand hat. 
Bei besseren Bindungen wird das Vorsatz mit einem Leinenstreifen verstärkt, der noch die erste Lage umfasst – und somit auch mit in die Heftung eingeht.

Soviel Aufwand für ein Buch? Darum sind auch gute Bücher so teuer – nicht nur wegen des Inhalts.

Bis Mitte des 19. Jhds. waren Bücher eine wertvolle Sache, die sich nur gut betuchte Leute leisten konnten. Meistens kaufte man Bücher beim Drucker – gefalzte Lagen, die man sich zum Lesen aufschnitt. Und wenn mal etwas mehr Geld im Haus war, ging man zum Buchbinder und ließ es sich binden.

Grundsätzlich lassen sich – abgesehen von der oben erwähnten alten Bindung auf echte Bünde mit festem Rücken -  äußerlich drei Arten der Buchbindung unterscheiden:

· Die Französische Bindung (Franzband). 
· Deutsche Bindung mit tiefem Falz (am Gebräuchlichsten).
· Die Klebebindung (Taschenbücher).


Die Französische Bindung - die Kostbarste - ist reine Handarbeit des Buchbinders und wird immer in Leder ausgeführt. Äußerlich ist kein Falz sichtbar. Der Buchdeckel liegt ebenmäßig glatt bis zum gerundeten Rücken - ein ästhetischer Genuss.


Die Deutsche Bindung mit tiefem Falz  - Nahezu alle unsere Bücher sind so gebunden - vor allem, weil sich diese Bindung industriell mit Buchbindemaschinen vollautomatisieren lässt.

 

Das markanteste Kennzeichen ist der tiefe Falz, der das Deckelscharnier bildet. 

Die handgefertigte Deutsche Bindung ist der Französischen Bindung vom Gebrauchswert her durchaus ebenbürtig.


Die Klebenbindung - das sind die ge-„lumbeckten“ Taschenbücher. Doch das sind eigentlich keine Bücher, sondern nur Lesemöglichkeiten. Immerhin haben sie wahrscheinlich so Manchen an richtige Bücher herangeführt. 

Darum sei Herrn Emil Lumbeck Dank – er erfand 1936 die Klebebindung.

Das sieht schon nicht sehr dauerhaft aus  - und soll es auch nicht sein. Trotzdem halten solche Paperbacks, dank moderner Kleber, oftmals länger, als manche schlampig industriegebundenen "richtigen" Bücher.


Und dann gab's im 19. Jhd. noch etwas ganz Schlimmes: Die Drahtklammerbindung. Das ermöglichte damals erstmalig die Massenherstellung von erschwinglichen Büchern. Mit den nicht vorhergesehenen Folgen, das diese Bücher heute alle nicht mehr verwendbar sind. Die Klammern rosteten im Laufe der Zeit und zerschnitten die Buchlagen - die Bücher fallen auseinander. 

Nur eine aufwendige Restaurierung mit Neubindung kann diese Bücher noch retten. Dazu Beispiele im Kapitel Buchrestaurierung 

Um den Aufbau eines Buches weiter zu verstehen, sind diese Seiten sehr zu empfehlen

*