BuchpFlege

Bücher bekommt man geschenkt - die Guten man kauft sie sich selbst. Sollen sie uns erhalten bleiben, gleich der erste Grundsatz : Nie verborgen! 

„… und verborgt es dann meistens an irgend jemanden, womit dieses Büchlein spurlos verschwunden ist. Es ist offenbar irgendwo. Ich habe eine riesige Bibliothek, die irgendwo ist.“ 

schrieb einst Carel Capek

Vielleicht bekommt man es eines Tages doch zurück – aber in welchem Zustand? 

Bücher fristen oft ein trauriges Dasein. Stehen schief in verstaubten Regalen. Werden zu allem Möglichen verwendet. Als Unterlage, Beschwerung, selbst als Schlagwerkzeug gegen Wespen und anderes lästiges Getier…   

Irgendwann stirbt das gequälte Exemplar.

Aber auch ohne missbräuchliche Verwendung leiden Bücher, wenn sie nicht regelmäßig gepflegt werden. Staub lässt sich auf ihnen nieder, dringt beim nächsten Lesen in den Buchrücken und zwischen die Seiten ein. Das übersehenes Eselsohr - nicht ausgestrichen - verfestigt sich zum handfesten Bruch, der irgendwann das Ohr abfallen lässt. Ein kleiner unbedeutender Riss – bei jedem Gebrauch läuft er ein Stückchen weiter…

Verfall kommt unmerklich daher.

Bücher wollen beachtet, gepflegt, und liebevoll behandelt werden. Beginnende Schäden müssen beizeiten gestoppt werden, sonst droht der Verfall. Um jedoch Bücher richtig pflegen zu können, muss auch ein Mindestmaß Wissen um ihr Innenleben vorhanden sein.

Schon die Aufbewahrung ist wichtig. Das Bücherregal sollte nicht der Sonne ausgesetzt sein. Sonnenlicht bleicht die Farben aus und fördert den Verfall von holzhaltigen Papieren.

Bücher im Regal nicht schief stehen lassen, das lockert den Verbund des Buches. Eng, aber nicht gepresst sollen sie stehen. Am Ende einzeln stehende Bücher neigen zum Umfallen – dem solidarisch bald weitere folgen. Darum gibt es Buchstützen.
Große Bücher (Bildbände) – keinesfalls, weil sie nicht ins Regal passen, auf die Vorderkante stellen. Das schädigt auf Dauer den Verbund. Passen sie nicht ins Regal – flach aufbewahren.

Staub. Ich hatte mal eine Nachbarin, die jedes Frühjahr auf dem Balkon ihre Bücher durch lautes Auf- und Zuklappen vom Staub befreite. Ich denke. dass diese Prozedur den Büchern mehr Schaden als Nutzen war.
Besser ist es, lange Zeit unbenutzte Bücher einfach ruhen zu lassen. Nehme ich ein Buch heraus, blase oder pinsle ich es oben kurz ab. Dabei aber mit den Fingern das Buch zupressen, sonst bringt man den Staub erst in das Buch hinein.
Wenn schon mal „Großreinemachen“ angesagt ist –- dann nur mit dem Staubsaugerpinsel.
Wertvolle Bücher gehören hinter Glas.

Eselsohren. Stellt man ein Eselsohr fest, sofort den Knick leicht anfeuchten und mit dem Falzbein ausstreichen. Das Buch zuklappen. Besonders bei holzhaltigem Papier fällt sonst so ein Eselsohr irgendwann ab.

Risse. Einen Riss repariert man auch sofort, sonst wird er beim Umblättern immer größer. Die Risskanten werden mit einem Zeichenpinsel vorsichtig mit verdünntem BB-Leim bestrichen, zusammengefügt und zwischen zwei Folien mit dem Falzbein gestrichen und mit Beschwerung leicht gepresst, trocknen lassen. Auf gleiche Weise behandelt man auch fast abgefallene Eselsohren.

Verschmutzte Seiten. Erstversuch mit Radiergummi. Erfolg aber meist gering. Normale Druckseiten kann man aber auch „waschen“. Fingersptzengefühl ist natürlich notwendig: Mit einem feucht-nassen Schwammtuch versuchen, die Verschmutzung abzuwischen. Vorsicht! - bei Feuchtigkeit wellt, quillt Papier! Also schnell arbeiten, ehe das Papier instabil wird und die Oberfläche sich abrubbelt!
Die Feuchtigkeit darf natürlich nicht ins ganze Buch gelangen, also eine Folie unter die Seite legen. Nach der Behandlung beidseitig Löschpapier mit einer Folie und das Buch zugeklappt trocknen lassen.

Flecke. Fettflecke sollten sofort beseitigt werden, ehe sie sich in mehrere Buchseiten ziehen oder aushärten. Man legt eine Folie, darauf ein stark saugfähiges Löschpapier unter das betroffene Blatt. Betupft den Fleck mit einem mit Tetrachlorkohlenstoff (Fleckenwasser) getränktem Wattebausch und versucht ihn vorsichtig abzureiben. Das Fett zieht in das Löachpapier, was man nach kurzer Zeit erneuert. Um Ränder zu vermeiden, beschränkt man nicht nur auf den Fleck, sondern behandelt auch die Umgebung.
Erfolgversprechend ist auch ein Brei aus aus Magnesiapulver und Tetrachlorkohlenstoff, den man als 1-2 mm-Schicht auf den Fleck aufträgt und die Umgebung mit trockenem Magniumpulver bestreut um Randbildung zu vermeiden.

Stearin. Bei Kerzenlicht liest wohl heute kaum noch jemand. Trotzdem kann es vorkommen, dass Kerzenwachs auf's Buch gerät – und wenn es unterm Christbaum ist.
Erstmal das Wachs mit einem Messer vorsichtig abheben, schaben. Dann mehrere Lagen Löschpapier unter die Seite legen. Ein Löschpapier auflegen und mit einem heißen Bügeleisen den Wachsfleck zum Schmelzen bringen. Das Wachs wird vom Löschpapier aufgenommen – mehrmals wechseln. Zuletzt den Fleck noch mit Benzin auswaschen (s. Fettflecke).

Stockflecke. Rostflecke. Tinte. Diese drei Arten lassen sich kaum unsichtbar entfernen. Mit Kleesalz (Kaliumhydrogenoxalat) gegen Rostflecken oder Bleichmitteln wie eau de chavelle kann eventuell eine Besserung erreicht werden. Auch haben diese Mittel eine desinfizierende Wirkung (Stockflecke). Doch das gehört schon in das Fachgebiet der Restaurierung und Laien sollten sich damit nicht versuchen. Die Ingredienzien greifen auch das Papier stark an und müssen danach gründlich neutralisiert werden.
Stockflecke und Rostflecke sind ja kaum in der heimischen Bibliothek entstanden. Man bekommt sie mit einem antiqarisch gekauften Buch und sollte sie so als „historisch gegeben“ hinnehmen – und die Exemplare trocken halten, damit beides nicht „nachwächst“.
Genauso verhält es sich mit Tintenflecken. Bei den heutigen Anilintinten hat man vielleicht mit Bleichmitteln eine größere Chance als bei den alten Eisengallustinten. – Aber siehe oben...

Bücher aus dem 19 Jhd. Ihnen muss besondere Aufmerksamkeit gelten – sie fallen am schnellsten auseinander. Über die Ursachen habe ich im Kapitel Restaurieren & Binden geschrieben.
So wenig wie möglich benutzen, denn der Verfall geschieht durch Licht und Luft und ist nicht aufzuhalten.

Lederbände. Dazu ist zu sagen, dass auch Leder im Laufe der Jahre altert und brüchig wird. Besonders, wenn das Leder mit holzschliffhaltiger Pappe oder Zeitungspapier hinterfüttert ist. Unansehnlich gewordenes Leder keinesfalls feucht abwischen! Ich bestreiche das Leder ab und zu mit einem mit Lederbalsam angefeuchteten Tuch.

Schutzumschläge. Ein strittiges Thema. Gewiss, sie schützen das Buch äußerlich, doch ich mag sie nicht und entferne sie meist gleich nach dem Kauf. Wird das Buch mehrmals benutzt, zerfleddern sie leicht und werden unansehnlich. Unansehnliche Bücher will ich aber nicht im Regal haben. Außerdem sind die Schutzumschläge meist nur auf Werbewirksamkeit hin gestaltet. Gewiss verliert ohne Schutzumschlag so eine Edition an Wiederverkaufswert – doch ich kaufe mir Bücher nicht, um sie weiterzuverkaufen.

Schiefe Bücher. Besonders an stärkeren viel gelesenen Büchern macht sich das bemerkbar (besonders. an alten Karl-May-Bänden zu beobachten). Die Verformung entsteht durch das Umblättern Seite für Seite von vorn nach hinten, wodurch die Falze linksseitig stärker belastet werden. Man kann versuchen, das Buch mehrmals umgekehrt von hinten nach vorn umzublättern und dabei jeweils mit dem Handballen über den Falz streichen und damit den Effekt minimieren. Ganz beseitigen lässt sich der Zustand damit nicht. Im Kapitel Nützliches bin ich auf das Problem näher eingegangen.

Gelockerter Buchverbund. Solche Schäden, wie auch sich lösende Rücken oder Deckel kann man als Laie nicht beheben. Ein solches Buch gehört zum Buchbinder. Alle dilettantischen Reparaturversuche mit Leim oder Klebeband verschlimmern noch den Zustand des Buches und erschweren eine fachmännische Reparatur oder machen sie gar unmöglich.

Buchbinder gab es früher mehrere in jeder Stadt. Heute sucht man oft vergeblich danach. Hat man endlich einen Buchbinder gefunden, der bereit ist sich der Sache anzunehmen, sollte man auf jeden Fall einen Kostenvoranschlag machen lassen. Handwerkliche Buchbinderei ist reine Handarbeit, zeitaufwendig – und teuer. Es empfiehlt sich also, Bücher pfleglich zu behandeln, damit Reparaturen nicht notwendig werden.

Zum anderen kann man mit Geschick und ein paar Werkzeugen - und entsprechendem Wissen - manche buchbinderischen Arbeiten selbst ausführen. Hier einige nützliche Literatur.

   • Bücher binden und gestalten, Drastrup u. K Riberholt, Kopenhagen, H. H. Schmedt OHG, 1994
   • Bücher binden und gestalten, Marlies Zibell, Urania-Ravensburger, 2001
   • Der Bucheinband, Douglas Cockerell, übers.a.d.engl. Leipzig 1925 –
     Reprint Edition“librirari“ Th. Schäfer, Hannover, 1998
   • Buchrestaurierung, Wolfgang Wächter, VEB Fachbuchverlag Leipzig 1987
   • Der Bucheinband, Fritz Wiese, Schlütersche Verlagsanstalt Hannover 1983
   • Handbuch der Buchbinderei, Paul Adam, Loewenstein’sche Verlagshandlung, Dresden 1882 

Bezugsquellen für Buchbinderbedarf

Schreibwarengeschäfte haben manches Zubehör, aber für spezielle Artikel wird man dort nicht fündig. Im Internet tummeln sich zwar unzählige Lieferanten für Hobbybuchbinder – oft mit eingeschränktem Angebot oder schon längst wieder offline...

Hier einige seriöse Anbieter, von denen ich schon seit Jahren beziehe:

• Schmedt Buchbinderbedarf GmbH & Co. KG, Hamburg: www.schmedt24.de
• Buch-Kunst-Papier Sascha Boßlet, Saarbrücken: www.buch-kunst-papier.de
• Buchbinderbedarf Pyzik, Hess.Oldendorf: www.Buchbinderbedarf.de
• Papierwerkstatt Dieter Bahr, Heidelberg: www.papierwerkstatt-Heidelberg.de

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