Zwei Märchenbücher von 1840

Die beiden kleinen Bücher sind in den 170 Jahren seit der Herausgabe durch intensiven Gebrauch in Kinderhänden verschmutzt, zerrissen, zerfallen... 

Immer wieder weitergegeben von Großmutter zu Enkeln – über Generationen. Ein Zeichen, dass diese Büchelchen sehr gern gelesen wurden.

Die originale Buchdeckelgestaltung samt ihrer schönen Patina soll von beiden Büchern erhalten bleiben. 

Also werden die Titel von den Pappen im Wasserbad abgelöst. Der marode Zustand macht eine sofortige Hinterfütterung mit Japanpapier erforderlich.

Vor der Nassbehandlung werden aber noch  handschriftliche Namenszüge und Widmungen gerettet.

Leim, Marmelade, Klebestreifen - im lauwarmen Wasserbad löst sich alles. Manchmal muss aber auch vorsichtig mit dem Messer nachgeholfen werden.
Die Seiten der „Lieblichen Erzählungen“ sind so stark verschmutzt und stockfleckig, dass manche Textstellen gar nicht mehr lesbar sind. Ein Bleichbad in Wasserstoffperoxid wird diesen Zustand mildern.
Durch die Nassbehandlung hat das Papier z.T. seine Leimung verloren. Darum müssen die Seiten noch eine Nachleimung im heißen Gelatinebad erfahren. 

Solche Prozeduren vertragen natürlich nur Papiere, die noch aus Hadern und Lumpen hergestellt wurden. 
Trotzdem müssen die nassen Blätter äußerst behutsam angefasst und transportiert werden. Ein Platzproblem stellt die anschließende Trocknung dar.

Zwei Zimmer mussten belegt werden...

Die fast trocknen und welligen Blätter werden dann nach einem Tag in der Presse wieder zu glatten Seiten.

Jetzt beginnt die zeitraubendste Tätigkeit der Buchrestaurierung: Alle Risse müssen verklebt werden. Besonders geschädigt sind natürlich die Außenkanten. Fehlstellen und größere Risse werden mit Japanpapier überfangen. 

Sind alle Seiten repariert, werden die am Falz auseinandergefallenen Einzel-Seiten mit Fälzelstreifen wieder zu Doppelseiten zusammengefügt. Leider fehlen vier einzelne Seiten. Das muss als Tribut an den über hundertjährigen lebhaften Gebrauch gesehen werden und die Phantasie wird die fehlenden Stellen in den Geschichtchen zu überbrücken wissen.
Am Ende der langwierigen Arbeiten steht dann endlich wieder ein heftbarer Buchblock zur Verfügung.

Nun folgt die Heftung in der Heftlade auf drei Bünde aus Hanfkordel. Eine weitere hundertjährige Lebensdauer ist so garantiert.
Die gehefteten Buchblöcke werden hinterleimt, der Falz angeklopft und bleiben dann 24 Stunden in der Presse.
Inzwischen wird die Buchdecke aus Graupappe hergestellt. Die Deckel werden mit Hilfe des Rückenleders verbunden. Zum Gebrauchsschutz dienen die Lederecken. 
Die verbundenen Deckel werden mit farblich angepasstem Bezugspapier überzogen und die originalen Titel aufgeklebt.

Auf dem Titel der „Lieblichen Erzählungen“ war die Titelschrift abgerieben – einfach nicht mehr vorhanden. Durch ein Umdruckverfahren gelang es, eine fast original aussehende Beschriftung aufzubringen.

Anschließend müssen die zusammenfügten Deckel - nun Buchdecke genannt - in der Presse trocknen.
Inzwischen wird der Buchblock neu beschnitten und als Schutz und Zierde mit einer Schnittfärbung versehen.

Als letzter Arbeitsgang fällt nun die Zusammenfügung von Buchdecke und Buchblock an. Die Buchdecke wird durch Verleimung mit den Vorsatzblättern, Scharnierstreifen, Bünden und Rückenhülse mit dem Buchblock verbunden – Einhängen heißt das. Das klingt allerdings harmloser, als es ist...

Zum Abschluss werden wieder die gesicherten alten „Autographen“ eingefügt. Für die restaurierten Büchelchen wurden natürlich auch zwei Buchschuber angefertigt.

Fertig

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